https://freiheitsrechte.org/uploads/publications/Demokratie/gesamt-Studie-Digitaler-Gewaltschutz-2021-Gesellschaft-fuer-Freiheitsrechte-marie-Munk-Demokratie.pdf
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67 Prozent der Befragten einer aktuellen Studie1 haben im Netz bereits Hass und Hetze erlebt. Rassismus, Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und Antisemitismus gehören dabei zu den häufigsten Angriffen.
„Wenn Du damit rechnen musst, dass dich jemand mit dem Tod bedroht, nur weil du deine Stimme erhebst, dann sind die Aussichten für unsere Demokratie sehr finster“, sagt Pianist, Aktivist und Botschafter der Marie-Munk-Initiative, Igor Levit.
Bisher ist es so: Wenn Betroffene von digitaler Gewalt sich gegen den Hass im Netz wehren wollen, dann müssen sie sich an die Plattformen wenden und hoffen, dass die Betreiber sich des Falles annehmen und tätig werden. Häufig werden die Anfragen von Betroffenen ignoriert, gelegentlich werden Posts gelöscht. Wer zudem strafrechtlich gegen die Täterinnen und Täter vorgehen will, der ist darauf angewiesen, dass die Plattformen mit den Ermittlungsbehörden kooperieren und Auskünfte über die Identität der Täter teilen. Auch wenn Ermittlungsbehörden und Plattformen die Accountinhaberinnen und Accountinhaber ermitteln, ist es für die Täterinnen und Täter leicht abzustreiten, dass sie für die strafbaren Inhalte verantwortlich sind. In der Konsequenz bedeutet das: Betroffene haben häufig keine Möglichkeit, sich wirkungsvoll gegen digitale Gewalt zu wehren. Die Verbreitung von strafrechtlich relevanten Inhalten und digitaler Gewalt wird nicht effektiv bekämpft.
Das ist ein unhaltbarer Zustand, denn er führt dazu, dass sich immer mehr moderate Stimmen aus dem öffentlichen Diskurs zurückziehen und das digitale Feld den lautesten und extremsten Stimmen überlassen wird. Für unsere Demokratie hat dies fatale Folgen, denn unser System ist darauf angelegt, dass wir über gesellschaftliche Fragen kontrovers diskutieren und schließlich öffentlich legitimierte Kompromisse erzielen. Wenn aber die Mehrheit digital verstummt, werden die gesellschaftlichen Fragen von einer lauten Minderheit verhandelt – und so verschiebt sich die öffentliche Debatte in Richtung politischer Ränder.
Das geplante digitale Gewaltschutzgesetz der GFF soll der Bundesregierung als Blaupause dienen und die Verantwortung weg von den sozialen Plattformen und stärker zu den Gerichten verlagern. Ziel ist eine Rechtsgrundlage, die Betroffenen mehr Sicherheit im Netz garantiert – ohne dass eine Klarnamenpflicht oder erweiterte Datenspeicherungen notwendig werden. In Zukunft können so jene Accounts, die Hass und Hetze verbreiten, deutlich leichter von den Plattformen verbannt werden. „Wir konzentrieren uns bisher auf das Bestrafen – doch viel zu oft gelingt es nicht, konkreten Menschen konkrete Straftaten nachzuweisen. Daher sollten wir jetzt auch bei den Accounts ansetzen, um endlich effektiv und zugleich rechtsstaatlich sauber gegen Hass im Netz vorzugehen“, sagt der Vorsitzende und Legal Director der GFF, Dr. Ulf Buermeyer.
Namenspatin der Initiative ist Marie Munk. Sie war eine der ersten Richterinnen Deutschlands, die sich in der Weimarer Republik aktiv für die Schaffung von Frauenrechten eingesetzt hat. Als Jüdin wurde sie von den Nationalsozialisten zunächst mit einem Berufsverbot belegt und dann schließlich aus Deutschland vertrieben. Aus der Erinnerung an die Vergangenheit erwächst für uns als Alfred Landecker Foundation eine Verantwortung in der Gegenwart.