Der Krieg in der Ukraine dauert an, die Desinformation durch russische Propaganda nimmt zu, Bündnisse wackeln und drohende Handelskonflikte belasten die Wirtschaft: Die Destabilisierung der weltpolitischen Lage hat auch Auswirkungen auf Deutschland und erfordert eine Neuausrichtung unserer Außen- und Sicherheitspolitik. Welche Aspekte dabei eine Rolle spielen, war Thema der von uns geförderten Townhall „Zeitenwende on tour“ der Münchner Sicherheitskonferenz am 20. März im Chemnitzer Fußballstadion.
Zu den geladenen Expertinnen und Experten gehörten Nico Lange, Senior Fellow der Zeitenwende-on-tour-Initiative der Münchner Sicherheitskonferenz, Julia Friedlander, Geschäftsführerin der Atlantik-Brücke e. V., Vizeadmiral Dr. Thomas Daum, Inspekteur Cyber- und Informationsraum bei der Bundeswehr, Oleksii Makeiev, Botschafter der Ukraine in der Bundesrepublik Deutschland, und Torsten Kleditzsch, Chefredakteur der Freien Presse. Moderiert wurde die Veranstaltung von Rixa Fürsen, Journalistin bei Politico.
Für Verhandlungen braucht Europa Stärke und Strategie
Rund 150 Chemnitzerinnen und Chemnitzer waren vor Ort und beteiligten sich rege an der Diskussion – oft auch mit mahnenden Worten. „So kann es doch nicht weitergehen mit dem Krieg in der Ukraine, auf beiden Seiten sterben Soldaten. Warum verhandeln wir nicht mit Putin?“, fragten mehrere Gäste aus dem Publikum. Wer eine Lösung am Verhandlungstisch wolle, müsse zunächst Putin an den Tisch zwingen, so die Einschätzung der Expertinnen und Experten in der Runde. Dafür brauche es aber eine Position der Stärke und eine Strategie – von beidem sei in Europa bisher nicht viel zu sehen, merkte Julia Friedlander an. Und dass miteinander reden allein die Kämpfe nicht beendet, diese Erfahrung mache derzeit auch US-Präsident Donald Trump.
„Wie gut wissen wir darüber Bescheid, was Putin will?“, fragte ein junger Mann aus dem Publikum. Nico Lange riet, den russischen Präsidenten beim Wort zu nehmen, er mache kein Geheimnis aus seinen Absichten. „In Deutschland pflegen viele immer noch die romantische Vorstellung einer Partnerschaft auf Augenhöhe mit Russland. Davon sollten sich so langsam auch die Letzten verabschieden.“ Vizeadmiral Daum ergänzte: „Putin nimmt in Kauf, dass täglich mindestens 800 russische Soldaten sterben. Er hat die russische Wirtschaft vor Jahren auf Kriegswirtschaft umgestellt. Da wächst etwas heran, dass sich nicht nur gegen die Ukraine richtet. Und es hat ja längst angefangen bei uns: Sabotage-Akte, Cyberangriffe. Das sollten wir sehr, sehr ernst nehmen.“
Deutschland und Europa müssen künftig wehrhaft sein
Soll die Wehrpflicht in Deutschland also wieder eingeführt werden? „Ich möchte nicht, dass so etwas über meinen Kopf hinweg entschieden wird“, sagte ein junger Mann aus dem Publikum. Nico Lange wies darauf hin, dass sich die Parteien in ihren Wahlprogrammen zur Bundestagswahl zu dieser Frage positioniert hätten. Vizeadmiral Daum ergänzte: „Die Bundeswehr schützt auch die, die gegen uns sind. Aber angesichts der Bedrohungslage sollten wir uns schon alle ernsthaft fragen, ob wir in russischem Einflussgebiet leben wollen. Es geht nicht darum, ob wir in die Ukraine an die Front ziehen. Was wir brauchen, sind Heimatschützer hier vor Ort, die kritische Infrastruktur sichern können.“
Und wer verteidigt bis dahin Europas Sicherheit? „Wir machen das, solange wir es können“, sagte Oleksii Makeiev, der ukrainische Botschafter. Und er mahnte eindringlich, aus den Erfahrungen seines Landes zu lernen: „Nur, wer sich wehren kann, schreckt auch ab. Sonst wird man angegriffen.“
Mehr zu unserer Kooperation mit der Münchner Sicherheitskonferenz gibt es hier.