Irina Makhalova ist eine Historikerin mit Schwerpunkt auf der Sozialgeschichte des Zweiten Weltkriegs und der Vergeltungspolitik auf den sowjetischen Territorien. Sie war Stipendiatin am United States Holocaust Memorial Museum (Washington, USA), am Institut für Zeitgeschichte (München) und am Deutschen Historischen Institut in Moskau. Außerdem war sie von Oktober 2022 bis April 2023 Fulbright-Stipendiatin an der University of Florida.
Derzeit arbeitet Irina an einem Manuskript über die nationalsozialistische Besetzung der Krim und die Vergeltungspolitik in dieser Region nach der Befreiung. Ihre Artikel wurden in wissenschaftlichen Fachzeitschriften mit Peer-Review veröffentlicht, darunter Cahiers du Monde Russe, The Soviet and Post-Soviet Review und The Journal of Slavic Military Studies. Irina schloss ihre Promotion in Geschichte an der National Research University Higher School of Economics (Moskau) im Februar 2021 ab. Seit Juni 2023 ist sie Alfred Landecker Lecturer an der Humboldt-Universität zu Berlin.
Bemühungen um Gerechtigkeit nach dem Zweiten Weltkrieg: Die sowjetische Vergeltungspolitik der 1940 - 1960er-Jahre
Bereits während des Zweiten Weltkriegs hatte die Verfolgung auf die NS-Täter und ihren Komplizen überall in Europa begonnen und wurde während des Kalten Krieges fortgeführt. In der Sowjetunion wurden die Prozesse zunächst während des Krieges durchgeführt und bis zum Zusammenbruch des Sowjetsystems fortgesetzt.
Irinas Forschungsprojekt zielt darauf ab, die in der Sowjetunion unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführten Nachkriegsprozesse gegen Kollaborateure zu analysieren, die an den Verbrechen gegen die jüdische Bevölkerung während der nationalsozialistischen Besatzung beteiligt waren. Sie beginnt mit der ersten Phase der Prozesse (1941 bis Anfang der 1950er-Jahre) und umfasst die Zeit der häufigen Amnestien (1953 - 55), in der viele sowjetische Bürger, einschließlich derer, die wegen Kollaboration verurteilt wurden, freigelassen wurden. Ein weiterer Teil des Projekts ist der sogenannten "zweiten Welle" von Kollaborationsprozessen gewidmet, die in den späten 1950er-Jahren begann und bis in die späten 1960er-Jahre andauerte.
Das Projekt konzentriert sich auf die Ukraine, Litauen und die Krim - Gebiete mit multinationaler Bevölkerung, in denen der sowjetische Staat nach dem Zweiten Weltkrieg einerseits starke nationalistische Tendenzen bekämpfen wollte, die während des Krieges entstanden waren. Auf der anderen Seite strebte er nach Gerechtigkeit, indem er die nationalsozialistischen Verbrechen verfolgte. Die Veränderungen in der Praxis der Verurteilung von Kollaborateuren verdeutlichen den tiefgreifenden Wandel des sowjetischen Systems und die Haltung der Regierung sowohl gegenüber dem Begriff "Kollaboration" als auch gegenüber den Verbrechen an der jüdischen Bevölkerung.