Im Westen verlor die Vereinigung mit den schärfer werdenden blockpolitischen Spannungen rasch an Rückhalt, die Zeit eines parteiübergreifenden „antifaschistischen Konsens‘“ währte nur kurz. Viele Mitglieder traten aus, die Kommunisten wurden eine dominierende Kraft. Der Staatsschutz ging bald mit aller Härte gegen die Vereinigung vor. In der DDR wurde die VVN 1953 kurzerhand aufgelöst. Trotz der unterschiedlichen politischen Konstellationen machten die NS-Verfolgten in beiden Teilen Deutschlands die Erfahrung, als Störfaktoren des Wiederaufbaus behandelt zu werden.
In der jungen Bundesrepublik war die VVN gleichermaßen Opfer und Akteur des deutsch-deutschen Systemkonflikts. Sie machte sich zum Sprachrohr von Kampagnen der DDR und wurde zur Zielscheibe antikommunistischer Repressalien. Aber sie blieb auch ein Rückzugsort für viele NS-Verfolgte und einer der wenigen vernehmbaren Antagonisten bundesdeutschen Vergangenheitspolitik. Ziel des von der Alfred Landecker Foundation geförderten Forschungsprojekts ist eine empirisch fundierte Darstellung der Geschichte der VVN, ihrer (erinnerungs-) politischen Wirkungen und des vom Kalten Krieg geprägten politischen Raums, in dem sie agierte. Es wird untersucht, wie die Konflikte des Kalten Krieges und die Auseinandersetzungen um die NS-Vergangenheit aufeinander einwirkten und was das für die NS-Verfolgten und die Erinnerung an den Nationalsozialismus bedeutete.
Das Fritz Bauer Institut in Frankfurt am Main ist eine unabhängige, zeitgeschichtlich ausgerichtete und interdisziplinär orientierte Forschungs- und Bildungseinrichtung. Es untersucht und dokumentiert die Geschichte der nationalsozialistischen Massenverbrechen – insbesondere des Holocaust – und deren Wirkung bis in die Gegenwart.
Dr. Katharina Stengel ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fritz Bauer institut und arbeitet an dem von der Alfred Landecker Foundation geförderten Forschungsprojekt Störfaktor des Wiederaufbaus. Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes.