Das internationale Graduiertenkolleg „Belongings: Jewish Material Culture in Twentieth-Century Europe and Beyond“ ist ein gemeinsames Projekt der Hebräischen Universität Jerusalem, der Universität Leipzig und des Leibniz-Instituts für jüdische Geschichte und Kultur – Simon Dubnow. Es wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Alfred Landecker Foundation gefördert und ist das erste bilaterale Graduiertenkolleg Promotionsprogramm zwischen Deutschland und Israel in den Geisteswissenschaften.
Das Programm geht von der Prämisse aus, dass Objekte Geschichten erzählen. Durch die Analyse von Alltagsgegenständen, Kunstwerken, Büchern und anderen materiellen Zeugnissen jüdischen Lebens – insbesondere solchen, die verloren gegangen sind, die imaginiert und ersehnt wurden oder die durch die Katastrophen des 20. Jahrhunderts eine erkennbare Leerstelle hinterlassen haben – sollen neue Perspektiven auf die jüdische Geschichte und ihre Verflechtung mit der europäischen Geschichte eröffnet werden. Der Fokus liegt dabei auf dem Zeitraum vom späten 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart, um ein umfassendes Bild der vielfältigen jüdischen Lebenswelten in Europa und darüber hinaus zu zeichnen.
Das Graduiertenkolleg ist interdisziplinär angelegt und gliedert sich in fünf Forschungscluster:
- Praxis: Folklore, Kulturwissenschaften, Ethnologie, Wirtschaftsgeschichte und Geschichte des Konsums
- Eigentum: Sozial- und Institutionengeschichte, Ideengeschichte und Recht
- Text: Sprache, Literatur und jüdisches Denken
- Erinnerung: Holocaust- und Gedächtnisforschung
- Bühne: Theater, Performance Studies und Kunstgeschichte
Deutsch-israelischen Austausch in den Geisteswissenschaften fördern
Im Rahmen des Programms arbeiten 22 Promovierende und zwei Postdocs
in zwei Kohorten in Jerusalem und Leipzig in einem strukturierten
Programm zusammen und werden dabei von Professorinnen und Professoren
beider Universitäten betreut. Ein integraler Bestandteil des Programms
ist der deutsch-israelische Austausch: Die Teilnehmenden verbringen
jeweils ein Jahr an der Partneruniversität und nehmen an gemeinsamen
Seminaren, Workshops und Konferenzen teil. Dieser Austausch fördert
nicht nur die wissenschaftliche Zusammenarbeit, sondern auch das
interkulturelle Verständnis und den Aufbau internationaler Netzwerke.
Begleitet wird das Programm von Sprachkursen und Schulungen in akademischen Schlüsselqualifikationen. Da das Thema in engem Zusammenhang mit Museen, Archiven und Bibliotheken steht, die jüdische materielle Kultur bewahren, wird zudem die Zusammenarbeit zwischen Doktorandinnen und Doktoranden und kulturellen Einrichtungen gefördert, um Karrierewege außerhalb der akademischen Welt zu eröffnen.
Das Graduiertenkolleg ist ein vielversprechendes Beispiel für innovative Forschung zur jüdischen Geschichte und Kultur. Durch die Verbindung von interdisziplinärer Forschung, internationaler Zusammenarbeit und einem Fokus auf materieller Kultur trägt es dazu bei, neue Erkenntnisse über jüdische Lebenswelten im 20. Jahrhundert und in der Gegenwart zu gewinnen und das Verständnis der Geschichte Europas zu vertiefen. Darüber hinaus setzt es neue Maßstäbe für die deutsch-israelische Zusammenarbeit in den Geisteswissenschaften und dient als Modell für zukünftige internationale Promotionsprogramme.